Den Freitag verbringt Evelyn normalerweise bei ihrer Mutter in der Granada, ich fahr' dann meist später runter und hole sie ab, manchmal bringt sie auch Mingo wieder nach Hause. Diesen Freitag hatte ich ein paar Kollegen auf ein Bierchen eingeladen, um ihnen die neue Hütte zu zeigen.
Also bin ich nach der Arbeit kurz beim Superama vorbei, Bier und Chips holen, draußen wollte ich noch schnell tanken, allerdings hatte sich vor der Tankstelle eine lange Schlange gebildet, mich da anzustellen hatte ich eigentlich keine Lust, außerdem ist das sowieso eine der Abzockertanken, ich entschloss, nach Hause zu fahren und am nächsten Tag als erstes in die Stadt runter zu fahren, um dort zu tanken.
Der Abend war nett, die Kollegen gingen gegen elf, ich telefonierte nochmal mit Evelyn, bei ihr war alles klar, Mingo würde sie nach Hause bringen, könnte aber später werden, das
Kaffee- Hopfentee-Kränzchen war voll im Gange. Auch recht, ich packte mich ins Bett.
Kurz vor zwei weckte mich das Telefon, Evelyn, aufgeregt und leicht konfus erzählte mir etwas von einem Monsterschlagloch und zwei platten Reifen. Soweit sonst nix passiert, aber sie kommen halt nicht weiter. Gut, ich in den Tracker und mich auf den Weg gemacht. Nach Evelyns Beschreibung vermutete ich sie an der Einmündung Palmas-Reforma.
Dort angekommen war natürlich niemand, ich rief Evelyn an, sie war nicht erreichbar. Also Mingo, der begrüßte mich mit einem geknurrten "Mein Akku ist auch gleich alle!", als bei mir der Motor aus ging. Sprit alle! Argh! Mingo konnte mir zumindest noch sagen, wo sie sind (auf der Brücke, wo die Libre und die Cuota sich teilen) und bat mich, irgendwie Hilfe anzufordern, als mitten im Satz auch sein Akku den Geist aufgab. Meine Versuche, den Tracker wieder zum Laufen zu bringen, scheiterten, es war wirklich kein Sprit mehr da.
Wenn es Dick kommt, kommt es Knüppeldick! Da stand ich nun, mutterseelenallein, mitten in der Nacht. Na, wenigstens in einer Gegend, in der man sich nicht vor dem Mob fürchten muß. Und Fausto, sonst immer unser Retter in der Not, war nicht erreichbar.
Ich kam auf die schwachsinnige Idee, den Tracker zu schütteln, vielleicht war da ja irgendwo eine Pfütze im Tank. Und tatsächlich, er sprang wieder an. Und ganz vorsichtig schaffte ich es tatsächlich bis zur Brücke, wo sich Cuota und Libre teilen. Dort standen ein halbes Dutzend Auto, alle durch das gleiche Schlagloch immobilisiert. Also haben wir die beiden verbogenen Felgen in der Tracker geladen, und alle außer Mingo, der bei seinem Taxi blieb sind in den Tracker umgestiegen, Evelyn mit Citlali, die von all dem sehr wenig mitbekam und Luis, der mitgekommen war, damit Mingo auf dem Rückweg nicht so alleine ist. Zuerst sind wir natürlich zur Tankstelle gefahren, die dort gleich hinter der Brücke ist und kamen auch wirklich mit dem letzten Tropfen dort an. Nur schade, daß sie geschlossen war.
Diesmal half auch Schütteln nichts, der Tank war definitiv leer. Luis bestand darauf, die Motorhaube zu öffnen und eine Motorpanne vorzutäuschen, weil bei Spritmangel ein Bußgeld von knapp 1000 Peso fällig wäre. Na, von mir aus. So standen wir also am Straßenrand, überlegten, wen wir jetzt wohl mit unserer Misere belästigen könnten, als ein Abschleppwagen vorbeikam, anhielt und uns fragte, ob er uns helfen kann. Klar, wir erklärten ihm unser Problem, er bot uns an, uns fünf Liter aus seinem Tank zu verkaufen. Für 70 Peso, das ist glatt der doppelte Tankstellen-Preis, aber wir waren in einer denkbar schlechten Verhandlungsposition und ich hatte mittlerweile den Punkt erreicht, an dem ich nur noch aus diesem Alptraum raus wollte.
Bei der Bezahlung dann das nächste Problem, Ich hatte nur einen 500er dabei (verdammte Bankomaten!), glücklicherweise konnte Luis mir mit einem Hunderter aushelfen, daß der Abschlapper keinen Pfennig Wechselgeld dabei haben wollte, verwunderte mich überhaupt nicht. Das war mit 20 Peso für den Liter wohl das teuerste Benzin, das ich hier je getankt habe, aber wir waren wieder mobil. Also erstmal die nächste offene Tankstelle angefahren (genau die, an der mir vor acht Stunden die Schlange zu lang war), um dort festzustellen, daß ich den Tankdeckel auf dem Autodach vergessen hatte, der war natürlich weg. Also nur halbvoll getankt und weiter zum
vulcanisador, die Reifen reparieren lassen.
Der erste hatte zwar ein fettes 24h-Schild, war aber niemand zu finden, auch auf unser Gehupe reagierte niemand, beim Nächsten das Gleiche, erst beim dritten Laden konnte Luis den Meister aus dem Bett klingeln, der war entsprechend unwillig, öffnete dann aber doch und brachte die Felgen mittels einem Hammer wieder in Form. Dafür berechnete auch er uns knappe 100% Nachtzuschlag (150 Peso statt der üblichen 80). Noch während er an unseren Felgen arbeitete, kamen bereits die nächsten Kunden, die auch Bekanntschaft mit dem Schlagloch vor der Brücke gemacht haben, das dürfte ein lukratives Wochenende für ihn gewesen sein.
Wir sind dann endlich zur Brücke zurückgefahren, wo Mingo mittlerweile im Taxi eingeschlafen war, montierten die Räder und kamen um kurz nach vier Uhr morgens endlich wieder ins zwischenzeitlich ausgekühlte Bett.