Gestern abend kamen wir mit jemandem ins Gespräch, der sich als Judicial (das ist, wenn ich das richtig verstanden habe, eine Art Polizist, der für die Staatsanwaltschaft arbeitet) vorstellte. Außerdem sei er Anwalt, als solcher bot er uns seine Dienste an. Evelyn kam auf die Idee, ihm meinen Fall mit der Migra vorzutragen. Sein Vorschlag war genial:
Seiner Meinung nach darf so ein Vorgang maximal 30 Kalendertage dauern (da hatte er sogar recht). Und deshalb könne es ja gar nicht sein, daß meine Papiere seit nunmehr 8 Wochen auf der Migra liegen, er vermute vielmehr, daß das ein Ablenkungsmanöver meines Arbeitgebers sei, der mich gar nicht einstellen will. Private Firmen würden nämlich nur Leute einstellen, die Beziehungen zu den richtigen Stellen haben. Ich solle doch einfach selbst zur Migra gehen und den Antrag stellen, ohne daß mein Arbeitgeber etwas davon wüßte, dann könnte ich mit dem gültigen Visum dort vorsprechen und dann müßte mein Arbeitgeber Farbe bekennen.
Das ist so einfach, weshalb bin ich da noch nicht selber drauf gekommen? Das fällt dem Arbeitgeber wahrscheinlich auch gar nicht auf, wenn ich ihn nur geschickt um einen an die Migra gerichteten Brief bitte, in dem er zusagt, mich einzustellen, sobald ich die Erlaubnis dazu habe. Und seine letzte Steuererklärung rückt er dann sicherlich auch problemlos raus, genau wie den anderen Mist, den ich von ihm brauche.
Aber selber Schuld, wer dumm fragt kriegt 'ne dumme Antwort.
In der Realität sieht die Geschichte etwas anders aus, heute hatte ich den Anwalt, den mein Arbeitgeber beauftragt hat, an der Strippe. Und auch von ihm gab's nur salbungsvolle Worte, er ist zuversichtlich, die Arbeitserlaubnis diese Woche endlich zu bekommen. Zwar versicherte er mir, daß mein Antrag laut Gesetz tatsächlich innerhalb von 30 Kalendertagen bearbeitet werden müsse, aber erstens hätten die da im Moment das totale Chaos, ausserdem ist dieses Recht ziemlich sinnfrei, ich könnte jetzt zwar die Migra verklagen und wenn ich recht bekomme, müssen die tatsächlich sofort meinen Antrag bearbeiten, aber bis die Klage durch ist, bin ich warscheinlich in Rente und sonstige Auswirkungen (z.B. die Erstattung meines Verdienstausfalles) hätte das nicht.
Toll! Ich habe ein Anrecht auf einen Behördenvorgang, der maximal 30 Tage dauert, aber keine Möglichkeit, dieses Recht auch einzuklagen oder durchzusetzen. So langsam frage ich mich echt, was ich eigentlich so toll an diesem Land fand.
Mittwoch, Oktober 22, 2008
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Mhhh...ich weiß ja nicht, wie viele Anträge die da bearbeiten müssen und wie aufwendig das ist, aber wenn ich das richtig verstehe, haben die doch alle Papiere auf dem Tisch und müssen im Prinzip nur nen Stempel auf dein Visum kloppen (vereinfacht ausgedrückt), oder?
AntwortenLöschenSelbst wenn da nur nen paar Sachbearbeiter rumhängen, müssten die doch in 8 Wochen 100te von Anträgen bearbeiten können. Gehen wir nur mal spasseshalber davon aus, daß da 5 Leute die Anträge bearbeiten, und daß jeder pro Tag 5 Anträge schafft (was m.E. lächerlich wenig wäre), würden die trotzdem pro Woche 125 Anträge schaffen, in 8 Wochen also 1000.
Machen die vielleicht deshalb so langsam, weil sie von den Antragstellern oder den Firmen ne kleine mordida "erbitten" wollen? Und dazu noch die in MX übliche, ziemlich relaxte Einstellung zur Arbeit allgemein?
Hört sich vielleicht etwas zu pessimistisch an, aber in den Büros (auch und gerade staátlichen) in MX, in denen ich bisher mal so war, herrschte nicht gerade rege Betriebsamkeit. Das ganze machte eher den Eindruck, als wenn viele kurz vor dem Einschlafen waren...
Auch wenn ich von den Bürokraten in D nix halte, gingen z.B. die Visa-Sachen für meine Frau etc. immer relativ glatt und relativ schnell über die Bühne, und wenn man einen Termin gesagt bekam, wurde der auch eingehalten...
Wie dem auch sei: Ich wünsch dir nen schönes Wochenende und daß der Krampf bald ein Ende hat. :-)
Ja, selbst wenn die auf dem Standesamt anrufen und die Echtheit unserer Heiratsurkunde und der Geburtsurkunde von Citlali überprüfen lassen, kann das nicht so lange dauern.
AntwortenLöschenAber es wird noch besser:
Da der Anwalt ja recht zuversichtlich war, den Mist diese Woche noch über die Bühne zu bringen, habe ich ihn gestern, kurz nach 12 angerufen. Er sagte mir, er sei gerade in der Migra, wahrscheinlich würde es heute klappen, er ruft mich dann später an.
Da er das bis um 5 noch nicht getan hatte, rief ich ihn wieder an und kam aus dem Staunen nicht wieder heraus. Der gute Mann erzählte mir, er sei bis um 4 in dem Laden gesessen, die Papiere seien soweit fertig, es fehlt aber die Unterschrift des zuständigen Beamten und der ist den ganzen Tag nicht da gewesen. Er wird aber am Montag nochmal hingehen und versuchen, die Unterschrift zu bekommen.
Das ist doch mal Klasse, der Anwalt erledigt die Arbeit und niemand weiss, ob der Beamte irgendwann mal auftaucht? Und warum haben die überhaupt nur einen, der schreiben kann, Verzeihung, Unterschreiben darf? Ich glaube, ich darf da gar nicht anfangen, drüber nachzudenken, sonst bekomme ich einen Knoten im Gehirn.
Heute Vormittag war ich bei unserem Hausarzt, weil mich ein übler Husten plagt. Wir kamen ins Gespräch, er fragt mich, was der Job macht, ich sage, dass ich zur Zeit nicht arbeite und labere ihm gleich die komplette Story ans Ohr. Meint er, er kennt jemanden bei Relaciones Exteriores (Aussenministerium?), der könnte das regeln. Der Kerl wäre aber nicht billig. Ich hab' ihn dann gebeten, sich doch mal meinen Hals von innen zu begutachten, bevor er mir anschwillt. Gibt es in diesem Drecksland denn niemanden, der einfach nur seine Arbeit tut, ohne gleich die Hand aufzuhalten?
PS: Der Bericht von meiner Wallfahrt ist in Arbeit.