Freitag, Februar 15, 2008

Verdammt

Ich glaube, ich bin mal wieder verarscht worden. Und zwar sowas von. Und ich weiß noch nicht mal, auf wen ich wütender bin, auf das Arschloch, daß mich freundlich lächelnd abgezockt hat, oder auf den Deppen, der ihm auf den Leim gegangen ist, wie eine Fliege auf den Fliegenfänger.

Worum geht es? Um den Typen, der mich umgefahren hat, bzw. dessen Erzeuger. Der, der mich umgefahren hat, ist ein recht junger Kerl, noch Student und wohl gerade um die 18 Jahre alt. Er hat, wie gesagt, völlig korrekt angehalten und mich erstmal ins Krankenhaus gefahren. Auf meine Bitte hin, seine Versicherung zu kontaktieren, sagte er mir, daß er gar nicht weiß, wo der Wagen versichert ist, er ruft gerade mal seinen Vater an, der regelt sowas normalerweise.

Noch während ich untersucht wurde, tauchte die halbe Sippe auf, Vater, Mutter und zwei Schwestern, um zu sehen, was Bübchen angestellt hat. Der Vater, Herr Zamora war sehr freundlich, selbstverständlich hat er gefragt, wie es mir geht, mir sein Bedauern und seine Hoffnung, daß es keine ernsthafte Verletzung ist, ausgedrückt und während wir auf den Arzt warteten, kamen wir kamen ins Gespräch. Das Gespräch drehte sich hauptsächlich um Deutschland, er war zur WM dort, hat ihm sehr gut gefallen, außerdem liebt er deutsche Autos, er selbst fährt einen Mercedes M-Klasse, aktuelles Modell.

Irgendwann war der Doc dann mit mir fertig, daraufhin bot mir Herr Zamora an, mich und mein demoliertes Fahrrad in seiner M-Klasse nach Hause zu fahren. Auch unterwegs plauderten wir weiter, er erzählte mir, wo er wohnt, daß er Gerente Comercial (Geschäftsführer) von Copyprice ist, ein Büro im World-Trade Center hat und allerhand andere Dinge aus seinem Leben.

Auf meine Frage, wie es denn jetzt weiter geht, weil ich ja das Fahrrad reparieren lassen und auch zur Nachuntersuchung nochmal zum Doc müsse, drückte er mir seine Visitenkarte in die Hand und meinte, ich solle mir keine Sorgen machen sondern ihn einfach anrufen, das würden wir dann schon regeln.

Tja, ich hab' mein Rad reparieren lassen (ca 300 Peso, war nur das Hinterrad, der Rahmen hat nix abbekommen), hab' mir teure Medikamente gekauft (nochmal ca 300 Peso) und war bei Doc, der mir freundlicherweise den Schmodder aus dem Knie gesaugt hat (1300 Peso). Und jetzt kam ich auf die Idee, mich mit dem Herrn Zamora in Verbindung zu setzen, zum einen, weil ich ganz gerne die 2000 Peso wieder haben möchte, zum anderen, weil das Knie nicht wirklich in Ordnung ist und ich wollt mal fragen, wie wir da weiter verfahren, ob er z.B. nicht doch lieber seine Versicherung einschalten will.

Auf seiner Visitenkarte stehen zwei Telefonnummern, die eine existiert nicht, an der Anderen geht keiner ran. Die angegebene eMail-Adresse gibt es nicht. Immerhin hat die Firma eine Sekretärin, die mir die echte eMail-Adresse gegeben und dem Scheff auch meine mehrfachen Bitten um einen Anruf mitgeteilt hat. Allerdings denkt der scheinbar nicht daran, sich bei dem leihtgläubigen Trottel, den er da sauber aufs Kreuz gelegt hat, zu melden. Warum kann ich nicht wirklich nachvollziehen, der Kerl könnte den Unfall seiner Versicherung melden und damit wäre das Ganze für ihn erledigt.

Was mich an der ganzen Geschichte wirklich ankotzt, ist die Freundlichkeit, mit der mich der Kerl behandelt hat, so lange er mir in die Augen geschaut hat und die Kaltschnäutzigkeit, mit der er mich jetzt ignoriert. Hätte er mir von Anfang an gesagt, daß ihn mein Knie nicht interessiert, hätte ich das sicher auch nicht in Ordnung gefunden, das wäre aber wenigstens eine echte Aussage gewesen. So wirkt die Schleimerei und das anschließende sich aus der Affaire ziehen einfach nur feige. Und ist total nervig, weil ich wirklich Besseres zu tun habe, als wie ein Bittsteller hinter dem Kerl herzutelefonieren.

Was hätte ich machen hätte können, um mich irgendwie abzusichern? Ich hätte die Polizei rufen können. Hab' ich nicht gemacht, weil der Kerl sich hochanständig verhalten hat, da hätte es verdammt blöd ausgesehen, wenn ich als erstes die Polizei gerufen hätte. Außerdem hatte ich keinen Grund, ihm mehr Scherereien zu machen, als notwendig, immerhin hatte er mich nicht absichtlich umgenietet oder mit viel zu geringem Abstand überholt oder gar geschnitten, er hat mich schlicht zu spät gesehen, das kommt vor. Und selbst wenn ich die Herren in Uniform gerufen hätte, was ich von diesen Herren halte führe ich jetzt besser nicht näher aus.

Und wie geht es jetzt weiter? Klar, ich könnte den Herrn verklagen. Das würde mich mindestens einen halben Tag kosten, da der materielle Schaden sich für mich in Grenzen hält und die hiesige Justitz mitunter zu für Außenstehende schwer nachvollziehbaren Ergebnissen kommt (um es mal ganz vorsichtig zu formulieren), hab' ich darauf nicht wirklich Lust. Es geht mir ja auch gar nicht darum, ihm jetzt noch eine reinzuwürgen, da hätte ich nichts von, es kotzt mich einfach nur an, daß ich den Ball flach halten und das wie unter vernünftigen Menschen regeln wollte und das dann auf diese Art gedankt bekomme.

Abgesehen von meiner Wut (oder ist es einfach nur heftige Enttäuschung?) hält sich der Schaden in Grenzen, 2000 Peso bringen uns nicht an den Rand des Ruins und das Knie bekomme ich auch wieder hin, zum Glück haben wir eine gute Krankenversicherung. Und ich hoffe, dem Herrn irgendwann mal wieder über den Weg zu laufen, einfach nur um zu sehen, ob ihm seine Feigheit wenigstens peinlich ist.

7 Kommentare:

  1. Seine "Feigheit" legt der Herr als "gewieften Geschäftssinn" aus; von daher hat er mit Sicherheit kein schlechtes Gewissen. Und falls Du ihn mal treffen solltest, wird er Dich auch ein zweites Mal mit einer außergewöhnlichen Freundlichkeit auf's Kreuz legen, dass Du ihm beim Abschied auch noch "Danke!" sagen wirst (nicht von ungefähr hat er soviel "Erfolg" in seinem Geschäft.
    Du hättest noch im Krankenhaus darauf bestehen sollen, dass der Versicherungsmensch gerufen wird, um den Vorfall in die Akten aufzunehmen. Polizei wäre in jedem Fall für'n A... gewesen; die taugen nur zum Arme-Wedeln, Trillern oder "Avancele, avencale"-Bölken.

    Das, was wichtig war, hast Du ja selbst geschrieben: "(...) um zu sehen, was Bübchen angestellt hat." - alles andere war Schadensbegrenzung, um "Bübchen" freizuhalten. "Junior" pur - das hätte Dir in dem Moment zu denken geben sollen.

    Hoffentlich kriegst Du Dein Knie wieder hin. Ein Freund von mir wurde vor vielen Jahren auf Kreta mit dem Moped umgenietet und fiel auf den Knöchel. Es schmerzte, aber er wollte keinen Arzt aufsuchen, weil er meinte, das bekäme er schon hin. Vorher war er begeisterter Langstrecken-Radfahrer und Wanderer; jetzt schon seit langem nicht mehr: Fuß kaputt und nicht mehr genügend belastbar.

    Sorry für die Miesmacherei.
    Bin selber ein gebranntes Kind: ein kleiner, lächerlich erscheinender Muskelfaserriß im Kreuzbein hat mich meine Langstrecken-Läufer-"Karriere" gekostet (war ein Hobby, das mir wichtig war); in diesem Fall, weil ein trotteliger Orthopäde in D nicht erkannt hat, was es war - bis es zu spät war. Auch heute noch humpele ich manchmal; je nach Wetterlage.

    AntwortenLöschen
  2. So ein Sch...
    Ich an deiner Stelle würde dranbleiben. Ich weiß, das kostet Nerven und Energie.
    Wahrscheinlich bist du (wie ich) selber so ne "ehrliche Haut", und da glaubt man dann in dem Moment alles.
    Für mich bestätigt sich mal wieder eine Menatlitätsfrage der Mexikaner (wie du ja schon oft berichtet hast).
    Bringt es was zum Rechtsanwalt zu gehen?
    Okay, du hast geschrieben es kostst Zeit. Aber ansonsten wird dich das ja noch Wochen verfolgen.

    Marc

    Gute Besserung für dein Knie!

    AntwortenLöschen
  3. Du hättest noch im Krankenhaus darauf bestehen sollen, dass der Versicherungsmensch gerufen wird, um den Vorfall in die Akten aufzunehmen.

    Da hätte sich der A.... wahrscheinlich auch irgendwie herausgeredet (Papiere vergessen, verlegt, wird gerade neu verhandelt, blah). Und ich hätte nur die Wahl gehabt, es zu schlucken oder ihm direkt in der Notaufnahme körperliche Gewalt anzutun.

    Nun ja, ich schreib das Ganze als Lehrgeld ab und werde versuchen, mich in Zukunft nicht mehr umfahren zu lassen.

    Für mich bestätigt sich mal wieder eine Menatlitätsfrage der Mexikaner.

    Das sehe ich anders, gerade die Kombination aus Skrupellosigkeit und geschäftlichem Erfolg ist wohl ein in allen Kulturkreisen beobachtbares Phänomen. Das würde in D nicht anders laufen, wenn eine Anzeige bei der Polizei genauso erfolglos bliebe, wie sie es hier tut. Das ist, meiner Meinung nach, eher ein Auswuchs der hier fehlenden Rechtssicherheit.

    Wo es Freiheiten gibt, gibt es auch immer Leute, die diese zu ihrem persönlichen Vorteil ausnützen. Hier wird mir die relativ große Freiheit, in der ich lebe eben mal zum Nachteil.

    Wie sagte mein Scheff immer: Man kann nicht alles haben.

    AntwortenLöschen
  4. Ich sag jetzt einfach mal:
    Für die Einheimischen bleibst du immer ein "pinche gringo", und dich zu bescheißen, wird dem Blödmann in seinem Bekanntenkreis wahrscheinlich noch heftiges Schulterklopfen einbringen...

    Hört sich mächtig negativ an?
    So ist es auch gemeint. Wenn mich in MX etwas stört, dann ist es diese "Du siehst nicht aus wie ein Einheimischer, also zocke ich dich jetzt richtig ab" Mentalität.
    So krass wie in MX habe ich das noch nie erlebt...
    Und es ist fast überall so: Taxi, Laden, Hotel. Besonders interessant wird es dann, wenn Lita mit den Leuten spricht und sie fragt, ob sie noch ganz bei Trost sind. Teilweise wird dann hektisch zu einem sog. "Sonderpreis" zurückgerudert, teilweise stellen sich die Leute hartnäckig an - und gucken dann blöd, wenn ein anderer das Geschäft macht... ;-)

    Hoffe jedenfalls, daß deine Knochen keinen Schaden genommen haben... :-)

    AntwortenLöschen
  5. "So krass wie in MX habe ich das noch nie erlebt..."
    Dann fahr' mal nach Ägypten! Da waren selbst "meine" Mexicanerinnen (Frau, Schwägerin und Schwiegermutter) sauer, dass die Leute selbst für's Auf-den-Boden-Spucken ein Trinkgeld haben wollten.

    AntwortenLöschen
  6. Ich wuerde ihm gar nicht mal unbedingt boesen Willen unterstellen - eher mexikanische Troedelei... ist ja schliesslich nichts fuer ihn Wichtiges - also kanns auch bis morgen(/uebermorgen/naechste Woche/naechsten Monat) warten. An den 2000 Pesos wird's bei dem Kerl wohl eher nicht liegen.

    Hatten selbst so einen Fall, als uns ein Junior hinten rein gefahren ist. Gleiche Reaktion - sehr freundlich, Visitenkarte, versprochen, den Mietwagen zu bezahlen... und dann lange Zeit gar nix. Irgendwann habe ich dann taeglich bei ihm im Buero angerufen und ihn genervt. Das wurd ihm dann irgendwann zuviel, und er kam vorbei und hat einen Scheck geschrieben.

    Also mein Rat: einfach nervig werden. Aletrnativ: Wenn Du die Adresse des Herrn (bzw. seines Bueros) hast, setz doch einfach einen netten Brief auf mit Deinen Forderungen, einer Frist und einem legalen Wink bei, falls diese Frist nicht eingehalten wuerde. Kopien der Rechnungen und Antwortadresse fuer den Scheck packst Du dazu.

    Dann liefere das ganze persoenlich bei ihm/seiner Vorzimmerdame ab oder schick's per FedEx (auch die Rechnung natuerlich mit rein.

    AntwortenLöschen
  7. Sven schrieb: "und einem legalen Wink"
    Wir sind hier in Mexiko, nicht in Deutschland!
    Was willst du mit einem "legalen Wink" erreichen? Das wird im Ernstfall für alle nur teurer, und die Anwälte werden reicher.

    "Más vale un mal arreglo que un buen pleito".

    AntwortenLöschen