Freitag, Februar 09, 2007

Aus der Mottenkiste: Datenschutz

Es war irgendwann in den späten Achzigern, ich war noch auf dem Gymnasium und hatte (wen wundert's) das Wahlfach Informatik belegt. Unser Lehrer (dessen Name mir gerade leider nicht mehr einfällt) war bei uns sehr beliebt, allerdings hatte er einen seltsamen Tick, der ihn des öfteren zum Ziel unseres Spottes machte. Er versuchte immer wieder, uns die Wichtigkeit des Datenschutzes zu erklären.

Wie gesagt, es waren die späten Achziger. Da gab es noch keinen Datenschutzbeauftragten, damals wußten überhaupt nur sehr wenige Leute überhaupt, was Datenschutz denn eigentlich ist, während unser Lehrer eine geradezu paranoide Angst hatte, seine Daten könnten in die falschen Hände geraten. Unser Argument war ein Naives aber nichtsdestotrotz Weitverbreitetes: Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.

Eines Tages zeigte uns der Herr, dessen Name mir einfach nicht mehr einfallen will (wahrscheinlich wäre er auch gar nicht mal sehr glücklich darüber, im Internet namentlich erwähnt zu werden) eine Programmiersprache aus der Klasse der sogenannten künstlichen Intelligenz, ein Thema das gerade sehr in Mode war und von dem man sich damals sehr viel erhoffte. Es ist übrigens recht still geworden in der Ecke. Aber, zurück zum Thema, wir bekamen eine kurze Einführung ins Thema und sollten anschließend ein bischen damit arbeiten. Wir bekamen eine Datenbank in der die Namen von fiktiven Personen und zu jeder Person ein Verweis auf den Vater und die Mutter gespeichert waren. Das Tolle an der neuen intelligenten Programmiersprache war jetzt, daß man beispielsweise die Relation "Großvater" definieren konnte (Vater von Vater oder Mutter) und das Programm suchte dann selbständig (eben intelligent) nach dem Großvater einer gegebenen Person, während man in einer konventionellen Programmiersprache eben selbst nach dem Vater (oder der Mutter) und anschließend nach dessen (bzw. deren) Vater suchen muß.

Wir machten uns also mit der neuen Sprache vertraut und versuchten, eben eine Großvaterliste erstellen zu lassen. Als irgendwer plötzlich "Boah, die Veronica Schmidt hat zwei Kinder von unterschiedlichen Vätern" rief. Schlaues Kerlchen. Natürlich war die Großvaterliste schnell vergessen, jeder suchte nach kompromittierenden Daten und plötzlich wurde uns klar, daß es dem Lehrer gar nicht so sehr um die neue Programmiersprache ging, sondern darum, uns Einfallspinseln zu zeigen, daß man mit genügend Energie aus scheinbar unverfänglichen Daten durchaus interessante Schlüsse ziehen kann. Und richtig schlimm wird es, wenn falsche Schlüsse gezogen werden. Was ist dabei, wenn die Frau Schmidt sich scheiden lässt und dann mit ihrem zweiten Mann ein zweites Kind hat? Richtig: Nichts. Aber für uns war sie ein ganz wildes Flittchen. Obwohl sie eigentlich nichts zu verbergen hatte.

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