Freitag, März 26, 2010

Frage-Antwort (I)

Eine Frage, die mir über Formspring gestellt wurde und die, wie ich glaube, recht gut hier reinpasst:

Glaubst Du Mexiko ist ein guter Ort um Kinder aufzuziehen? Wie erklärst Du ihr die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit? Die Gewaltätigkeit? Die Gesetzlosigkeit?

Ich darf die Frage kurz aufteilen:

Glaubst Du Mexiko ist ein guter Ort um Kinder aufzuziehen?

Eine Frage, die mir auch ab und zu durch den Kopf geht. Da stellt sich natürlich erstmal die Frage, was einen guten Ort ausmacht. Zunächst natürlich einmal, dass das Kind glücklich ist.

Ich selbst bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen und war da sehr glücklich, weshalb ich meine Tochter eigentlich viel lieber auch auf dem Land gross werden sehen würde (aufziehen klingt so danach, als müsste man irgendetwas tun, damit sie gross werden, aber nach meiner bisherigen Erfahrung wird sie das von alleine, und das schneller, als mir lieb ist). Meine Frau ist hier im Moloch aufgewachsen und behauptet von sich auch, dass sie eine glückliche Kindheit hatte. Von daher scheint das mit der glücklichen Kindheit wohl weniger von den Randbedingungen abhängig zu sein, viel wichtiger scheint mir da das familiäre Umfeld und das können wir unserem Kind hier genausogut bieten, wie in Europa oder den USA.

Als nächsten Punkt sehe ich die Möglichkeiten, das Kind auf das spätere Leben vorzubereiten. Auch da sehe ich (zumindest in meiner Situation) keinen Nachteil darin, hier in Mexico zu leben, Citlali wächst zweisprachig auf und wir können uns den Luxus einer Privatschule leisten, sie wird also später selbst entscheiden können, ob sie hier in Mexico bleibt oder zum Beispiel in Europa leben will. Würde sie in Deutschland aufwachsen, hätte sie wohl kaum bessere Aussichten.

Der dritte Punkt ist die Sicherheit. Das Leben hier in Mexico ist gefährlicher, man muss besser auf sich aufpassen, aber man hat auch mehr Freiheiten. In Deutschland wird jegliches Risiko vom Staat abgefangen, entweder, indem er alles, was ein bischen gefährlich sein könnte, verbietet oder eben durch eine der tausend Sozialkassen absichert. Mir war das auf die Dauer zu teuer, immer nur in diese Kassen einzuzahlen, ich kann hier auswählen, welche Risiken ich absichern will und welche nicht. Bleibt das Risiko der Kriminalität, gerade Entführungen und die Narcos sind ein Thema, welches man sicher nicht ignorieren darf. Wenn die zu gefährlich werden, könnte das für uns ein Grund sein, den Standort zu wechseln.

Wie erklärst Du ihr die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit? Die Gewaltätigkeit? Die Gesetzlosigkeit?

Wessen Anspruch an was?

Gewalttätigkeit und Gesetzlosigkeit gibt es, wenn auch in anderer Form, auch in Europa. Wie erkläre ich einem Kind, weshalb jemand in der U-Bahn aus nichtigem Anlass totgeschlagen wird? Oder dass das Ehrenwort eines Politikers mehr wiegt, als das Gesetz? Früher oder später wird man mit solchen Dingen konfrontiert werden, das gehört leider auch dazu.

Dienstag, März 23, 2010

Una empresa de clase mundial

Vor ein paar Monaten hat der hiesige Präsident (oder wer auch immer) den staatlichen Stromversorger hier in der Stadt zugemacht, weil die zu jedem Peso, den sie einnahmen, einen aus der Staatskasse brauchten, um nicht bankrott zu gehen (Wieso finde ich dazu nix in meinem Archiv, ich dachte, ich hätte das mal erwähnt). Wäre vielleicht schlau gewesen, vorher für gleichwertigen Ersatz zu sorgen. Oder man hätte auch einfach den Strompreis anpassen können, aber ich will mich da ja auch gar nicht einmischen. Seither ziert unsere Stromrechnung eben nicht mehr das Logo der LyF, sondern das der CFE.

Stromausfälle waren hier schon vor dem Wechsel nichts wirklich Seltenes, allerdings dauern (oder besser dauerten) sie meist nur wenige Minuten, selten mal länger als eine Stunde. Ich hatte schon mal davon gehört, dass es seit dem Wechsel in einigen Vierteln tagelang keinen Strom gab und dachte auch kurz mal darüber nach, uns einen eigenen Generator zu kaufen. Allerdings war das Stromnetz hier oben bis auf kurze Aussetzer immer recht stabil und alle wichtigen Geräte im Haus haben entweder einen eigenen Akku (Laptop) oder (Internet und Telefon) hängen an einer Batterie, die bis zu zwei Stunden überbrückt, da schien mir das mit dem Generator doch etwas übertrieben.

Gestern abend, kurz nach halb neun fiel dann hier der Strom aus. Erstmal bei CFE angerufen, ja, wurde schon gemeldet, man gab uns die Nummer, unter der die Störung bearbeitet wird, falls wir später nochmal anrufen wollen. Wir machten es uns erstmal romantisch und verbrachten den Abend mit einer Märchenstunde bei Kerzenschein. Citlali fand's toll. Gute zwei Stunden später gingen wir dann ins Bett, immer noch bei Kerzenschein. Vorher nochmal kurz bei CFE angerufen, ja, man arbeitet dran.

So gegen zwei Uhr morgens bin ich dann mal kurz aufgewacht. Und siehe da, beim Nachbarn brannte Licht. Klasse. Bei uns nicht. Kurz nachgeschaut, ja, alle die Nachbarn, von deren Häusern Kabel zu den Strassenlampen gehen (also die, die nichts für ihren Strom zahlen), hatten mittlerweile wieder Licht. Die Doofen, die ihren Strom zahlen, sassen (oder lagen) weiterhin im Dunkeln. Nochmal bei der CFE angerufen, ja, man sucht nach dem Fehler.

Morgens erstmal ohne Microwelle und ohne Kaffeemaschine Frühstück gemacht und CFE angerufen. Man arbeitet dran. Wo die denn sind, ich sehe in der ganzen Strasse niemanden. Na, dass kann sie mir jetzt auch nicht sagen. Auch ganz toll bei den Anrufen ist ja, dass man erstmal nach dem Namen gefragt wird. Man soll sich als Kunde ja persönlich angesprochen und ernst genommen fühlen. Ich sage also meinen Namen und höre jedesmal schlimmere Verhunzungen. Andrea Huhn? Andres Woh?

Heute, gegen ein Uhr Nachmittags tauchten dann tatsächlich zwei Gestalten auf, werkelten eine halbe Stunde lang an einem der Trafos herum und versorgten uns wieder mit Strom. Nach ganzen siebzehneinhalb Stunden! Das machen die ganz toll, die Jungs von CFE. Nennen sich ja nicht umsonst Empresa de clase mundial (Unternehmen von Weltklasse). In welcher Welt wohl deren Werbetexter leben?

Ich geh' derweil mal den Kühlschrank leerräumen. Und die Tiefkühltruhe. Und den Nachbarn fragen, ob er mir nicht auch so ein Kabel an die Strassenlaterne basteln kann.

Donnerstag, März 18, 2010

Meer

Das vergangene Wochenende war ein Langes und so taten wir, was wir eigentlich immer an langen Wochenenden tun. Koffer packen und ab ans Meer. Da wir den letzten Reinfall noch gut in Erinnerung hatten, erkundigten wir uns vorher nach dem Wetter und wurden auch prompt vor einem Norte am Golf gewarnt. Also fuhren wir an den Pazifik, Playa Ventura war unser Ziel.

Die Fahrt war problemlos, nach gut 6 Stunden kamen wir gegen 10 zum Frühstück an den Strand. Wir kennen dort ein nettes Hotel mit sehr guter Küche, bei denen wir immer zelten. Schon bei der Ankunft fiel uns auf, dass im Dorf etwas mehr los war als sonst, vor Kurzem wurde Playa Ventura mal im Fernsehen erwähnt, das hatte wohl seine Wirkung. Allerdings ist der Ort noch weit davon entfernt, überlaufen zu sein, der Strand ist sehr lang, da tritt man sich nicht so schnell gegenseitig auf die Füsse.

Wir bauten also unser Zelt auf, liefen ein bischen am Strand spazieren und relaxten in der Hängematte. Bis gegen vier zwei Reisbusse an unserem Hotel ankamen. Plötzlich standen da nicht mehr nur drei Zelte, sondern über 20! Da versuchen wir 500km zwischen uns und die Hauptstädter zu bringen und dann fahren die uns hinterher. Das Thema Ruhe hatte sich erstmal erledigt. Nach kurzer Schockstarre disponierten wir um, bauten das Zelt ab und nahmen uns ein Zimmer im Hotel. Wir zelten gerne, das Problem bei solchen Ansammlungen ist aber, dass einige der Nachbarn bis spät in die Nacht in gemütlicher Runde vor dem Zelt sitzen und wiederum andere sehr früh aufstehen. Und da unser Zelt nur unzureichend schallgedämmt ist, bekomme ich dann meist nur wenig Schlaf in den paar Stunden dazwischen ab. Das ist in einem Hotelzimmer dann doch besser.

Abgesehen von diesem kleinen Umzug war es mal wieder ein geniales Wochenende. Wir badeten im Meer und in der warmen Lagune bei Marquelia, futterten leckeres Meeresgetier und liessen es uns einfach gut gehen. Und auch auf dem Rückweg blieb uns das Glück hold, nichtmal an den Zahlstellen gab es Staus, nach nur fünfeinhalb Stunden waren wir zu Hause.

Freitag, März 12, 2010

Aussicht (ohne Essen)

In meinem Job bin ich ja immer mal wieder bei Kunden und wenn diese ihre Büros in Hochhäusern haben, geniesse ich auch schonmal die Aussicht. Deshalb freute ich mich auch diesmal, als man mich in den 22. Stock schickte. Zu früh gefreut, wie sich herausstellte. Das Nachbargebäude sieht auch vom Erdgeschoss aus nicht anders aus.

Montag, März 08, 2010

Essen mit Aussicht

Normalerweise feiern wir unseren Hochzeitstag gar nicht, nicht etwa, weil uns an diesem Tag nicht nach Feiern zumute wäre, sondern weil wir ihn meistens beide vergessen. Dieses Jahr haben wir tatsächlich dran gedacht und entschieden uns, die Zehn Jahre mit einem besonderen Abendessen zu feiern. Und weil es wirklich etwas Besonderes sein sollte, fiel unsere Wahl auf das Bellini, ein Drehrestaurant im 45. Stock des hiesigen World-Trade-Center. Übrigens das einzige Drehrestaurant hier in Mexico und angeblich das grösste in ganz Lateinamerika.

Um sicher zu gehen wollte ich uns einen Tisch reservieren, geht direkt online auf der Seite des Restaurants, wo das Reservierungssystem als toll und modern und überhaupt das Beste seiner Art gelobt wird. Blöderweise hatte das System für den Donnerstag keinen Tisch mehr frei, auch nicht für den Freitag oder das komplette Wochenende. Mist. Telefonisch war es allerdings kein Problem einen Tisch zu bekommen. Und als wir dann am Donnerstag hinkamen war das Restaurant halb leer, wir hätten wohl auch ohne Reservierung problemlos einen Tisch bekommen.

Was uns beim Betreten des Restaurants als erstes Auffiel, war die Aussicht. Fantastisch. Draussen war es mittlerweile Dunkel und man sah bis zum Horizont die Lichter der grossen Stadt. Und da sich das Restaurant drehte, sahen wir während dem Essen einmal die komplette Stadt. Sehr eindrucksvoll.

Ganz anders das Essen, das war nicht gerade der Hit. Es war nicht schlecht, aber eben auch nichts Besonderes, das bekommt man eigentlich in jedem Vips für den halben Preis. Und nur für die Aussicht war der Preis dann doch etwas zu heftig. Nächstes Mal gehen wir dann doch wieder zum Japaner.

Freitag, März 05, 2010

Inmigrante

Jetzt darf ich mich also Inmigrante (Einwanderer) nennen, bisher war ich nur Visitante (Besucher). Gerade hab' ich mein FM2 auf der Migración abgeholt, hat ja auch nur viereinhalb Monate lang gedauert, die ganze Aktion.

Nettes Detail am Rande: Ist man als Ausländer mit einer Einheimischen verheiratet, muss man seine Ehe ins Mischehenregister eintragen lassen. Das hat mir der Sachbearbeiter, bei dem ich damals das FM3 beantragt habe und der von uns eine Heiratsurkunde verlangte, nicht gesagt, ich hab' davon erst später erfahren, von Amts wegen wurde ich mal bei einer der Verlängerungen auf dieses Versäumniss hingewiessen. Das ganze hätte eigentlich eine saftige Strafe kosten sollen, aber irgendwie haben sie das übersehen, im FM2 steht, dass die Ehe eingetragen sei. Die Spacken scheinen ja wirklich komplett planlos.

Donnerstag, März 04, 2010

Jahrestag

In einer kleinen Kirche, irgendwo in der grossen, grossen Stadt. Ich in einem gemieteten Anzug. Evelyn in einem wunderschönen Brautkleid, sie wirkt noch hübscher, als sie ohnehin schon ist. Wir stehen beide vor dem Altar und geben uns das Ja-Wort.

Das war am 4.3.2000 (so steht es zumindest in dem Ring, den ich trage). Heute vor zehn Jahren. Und wir haben es noch nicht bereut.

Montag, März 01, 2010

Cicloton

Am Sonntag war mal wieder Cicloton. Ich kann mich schon gar nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte mal dabei war, der Staubschicht auf dem Rad nach zu urteilen ist es verdammt lang her.

Ich überlegte kurz, ob ich Citlali mitnehmen sollte, sie mag ihren Anhänger zwar, verlor aber bisher immer nach relativ kurzer Zeit den Spass an der Reise und wollte wieder raus. Allerdings war ich ja auch nicht gerade in Bestform, also nahm ich sie mit, würde schon irgendwie klappen. Und wie es klappte. Sie sass in ihrem Anhänger, genoss die Fahrt, sang mir ihr komplettes Repertoir an Kinderliedern vor und immer, wenn ich sie fragte, ob sie schon genug habe und zurück wollte, protestierte sie, ich solle weiterfahren.

So fuhren wir gute 30km in knapp zwei Stunden und ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich derjenige war, der zuerst die Schnautze voll hatte. Ganz toll fand ich den Abschnitt im Süden, der führt endlich wieder über Rio Churubusco, ist also kreuzungsfrei. Die Auffahrten auf die Brücken sind mit dem Hänger natürlich etwas heftiger, aber es geht. Was ich allerdings nicht so ganz verstanden habe, sind die Leute, die auf den Brücken standen und dazu aufforderten, langsam hinunter zu fahren oder gar abzusteigen. Man kann es auch übertreiben. Trotzdem war die Fahrt genial, wir sind nächstes Mal wieder dabei!