Freitag, Januar 23, 2009

Viktor (II)

Kurz vor Weihnachten traf ich seine Mutter, die mir Folgendes erzählte:
Anfang November haben sie ihn doch erwischt, er wurde festgenommen und in ein Untersuchungsgefängnis gebracht. Seine Freundin sagte zu seinen Gunsten aus, obwohl sie von ihrem Mann massiv unter Druck gesetz wurde, die Kinder wurden von einem Arzt untersucht, der keine Misshandlungsspuren fand und von einem Psychologen befragt, der keinerlei Auffälligkeiten feststellen konnte und auch zu dem Ergebnis kam, die Kinder wären nicht misshandelt worden.

So wurde auf Anfang Dezember eine Verhandlung angesetzt, zu der allerdings der Vater der Kinder nicht erschienen ist. Nun kenne ich mich ja mit dem hiesigen Rechtssystem überhaupt nicht aus, ich kenne ja nichtmal das Deutsche so richtig, aber irgendetwas finde ich ab hier merkwürdig. Viktors Mutter sprach vom gehörnten Ehemann als der Ankläger, der nicht erschienen ist, weshalb die Verhandlung verschoben wurde. Jetzt weiss ich nicht, ob der Anzeigeerstatter hier tatsächlich den Ankläger macht, oder ob die gute Frau in ihrem Gram einfach nur den Belastungszeugen falsch benannt hat, ichwollte da auch nicht weiter nachbohren. Trotzdem finde ich es seltsam, dass eine Verhandlung abgeblasen wird, wenn ein Zeuge unentschuldigt fehlt und sonst alle Indizien für den Angeklagten sprechen. Das Fiese ist nämlich, dass der Termin nicht um ein paar Tage verschoben wurde, sondern um über einen Monat, auf Ende Januar. Sprich, Viktor durfte die Feiertage im Knast verbringen. Sicher nicht der Ort, wo man das gerne tut. Und dass der "Ankläger" den Termin hat platzen lassen, um genau das zu erreichen, liegt meiner Meinung nach auf der Hand.

Leider kann man im Moment wenig für Viktor tun, seine Freundin steht zwar weiterhin zu ihm, allerdings hat der Ehemann sie wohl vor die Tür gesetzt, sprich sie ist weitgehend mittellos und kämpft ausserdem gerade darum, ihre Kinder wiederzusehen, die spurlos verschwunden sind. Und Viktors Mutter hat bereits ihr Auto verkauft, um den Anwalt bezahlen zu können.

Selbst wenn da sofort ein Wunder passieren und er freigelassen würde, der Schaden, der ihm bisher entstanden ist, ist schon enorm. Zwei Monate im Knast, Ausgaben für den Anwalt, seinen Job ist er los, und seine Mutter sieht nicht gerade aus, als ob das spurlos an ihr vorrüberginge. Ihn habe ich noch gar nicht gesehen, man kann ihn nicht einfach so besuchen, dafür muss man Familienangehöriger oder Anwalt sein. Und selbst dann ist das kein einfacher Besuch, als Familienangehöriger muss man sich erstmal eine Erlaubnis holen, Sonntags dann stundenlang vor dem Knast in der prallen Sonne Schlange stehen und sich wie Abschaum behandeln lassen.

Ich hoffe inständig, meine Begegnungen mit der hiessigen Staatsgewalt beschränken sich weiterhin auf das Migra-Gehampel und Wegelagerer mit den putzigen, neonfarbenen Mützen Verkehrspolizisten.

5 Kommentare:

  1. es ist absolut derbe, wie man jemanden mit verleumdung aus dem leben reissen kann. und der verdacht der kinderschändung ist dabei wohl das schlimmste, was ich mir vorstellen könnte. hoffentlich kommt er da einigermassen heil raus. wilde story.

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  2. Hi,

    ich habe gerade so durch den Blogg gelesen und fands super interessant. Ich möchte vielleicht auch bald nach Mexico...
    Vermutlich ist das nicht der richtige Platz, aber ich wüsste sehr gerne, wie die Lebenshaltungskosten in Mexico DF und Monterrey sind. Könnte mir jemand weiterhelfen?
    Vielen Dank schon mal

    Michi

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  3. Wenn Du tot bist, sind die Lebenshaltungskosten egal (siehe hier und hier).

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  4. @toby
    Ja, das ist eine angefahrene Geschichte. Ich habe lange überlegt, ob ich sie hier überhaupt bringen soll, immerhin hat das nicht wirklich was mit uns zu tun und es ist viel "Hörensagen" mit dabei, Dinge, die ich selbst nicht verstehe. Aber sie gibt doch einen (wenn auch leicht unklaren) Blick auf das hiesige Rechtssystem wider.

    @Michi
    Schau Dich doch mal auc www.mexico-mexiko.com um, da findest Du eine Menge von Informationen zum Thema.

    @Roland
    Mein Beileid. Schlimm genug, daß da jemand um sein junges Leben gekommen ist, wenn dann aber von den Behörden dermaßen offensichtliches Desinteresse an den Tag gelegt wird, hinterläßt das sicher alles andere als Zufriedenheit.

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  5. Dankeschön

    gruß Michi

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