Am Samstag hatten wir mit Chuchito, dem Doc, ausgemacht, daß wir uns am Montag um neun in der Klinik treffen. Chuchito ist der Arzt im Viertel, in dem Evelyns Mutter wohnt, er ist plastischer Chirurg und Geburtshelfer und kennt sich auch sonst auf recht vielen Fachgebieten aus, er hat schon 25 Jahre Erfahrung als praktizierender Arzt (er entbindet gerade die Frauen, die er zu Beginn seiner Tätigkeit von ihren Müttern entbunden hat) und immer, wenn man ihn besucht und er gerade keine Patienten hat, liest er gerade irgendeine Fachzeitschrift. Also alles in allem ein erfahrener und außerdem sehr sympatischer Arzt.
Wir waren also kurz vor neun in der Klinik, nach dem Papierkram und ein paar Untersuchungen durch den Klinikarzt legte Chuchito gegen zehn den Wehentropf an. Er meinte, das dauert jetzt etwa 20 Minuten, bis Evelyn darauf reagiert, er kommt in einer Stunde wieder und dann sehen wir weiter. Evelyn reagierte tatsächlich ein wenig, die Bauchmuskulatur spannte sich etwas an, aber so richtig fiese Wehen kamen erstmal keine. Um eins prüfte Chuchito den Muttermund, er hatte ich einen Zentimeter weit geöffnet, daraufhin prognostizierte er die Geburt auf zwischen fünf und sechs und wir gingen erstmal was Essen.
Wir warteten weiter, es wollten sich keine richtigen Wehen einstellen, Chuchito wirkte mittlerweile etwas nachdenklich. Nach sechs prüfte er nochmal den Muttermund, keine Änderung, aber das Kind hatte sich etwas nach oben zurückgezogen. Später erzählte uns Chuchito, daß es ihm noch nie passiert sei, daß eine Frau auf den Wehentropf so wenig Reaktion zeigt, im Moment lies er sich nichts anmerken und sagte uns, daß er das Kind per Kaiserschnitt holen wird. In der Klinik ist zwar immer ein Team in Bereitschaft für Notfälle, er arbeitet aber, wenn es sich einrichten läßt, mit zwei Freunden zusammen die er bereits seit dem Studium kennt und somit sehr eingespielt zusammenarbeiten. Bis die beiden (Anästesist und zweiter Chirurg) da waren, war es neun.
Ich durfte mit in den OP, natürlich entsprechend verpackt und stand vor der Wahl, die Geburt direkt zu filmen oder mich am anderen Ende zu Evelyn zu setzen. Ich entschied mich für letzteres, weil ich erstens gar nicht sicher war, ob ich das wirklich so direkt sehen wollte, außerdem wollte ich lieber bei Evelyn sein, irgendwie sah mir die Sache nicht wirklich sehr angenehm für sie aus.
Kurz vor halb zehn sagte Chuchito dann, es ist soweit, das Kind wird jetzt geboren werden. Beim Herausholen stellte er fest, daß sie die Nabelschnur um den Arm gewickelt hatte, einer der Ärtze kommentierte das mit dem Satz "Wie weise doch die Natur ist", er spielte darauf an, daß das bei einer normalen Geburt eine großes Risiko für das Kind darstellt. Citlali fing schon an zu schreien, bevor die Nabelschnur gekappt war, anschließend wurde sie dem Kinderartz übergeben, der ihr half, das Fruchtwasser aus den Lungen zu bekommen und sie anschließend vermaß. Während die Chirurgen Evelyns Schnitt vernähten, drückte mir der Kinderarzt das kleine schreiende Bündel in den Arm und ich durfte sie ins Neugeborenenzimmer tragen. Dort wurde sie weiter durchgecheckt, der Arzt erklärte mir, was er jetzt alles zu tun gedenkt und daß wir das Kind in fünf bis sechs Stunden auf unser Zimmer bekämen.
Zurück im Zimmer rief ich erstmal die frischen Großeltern an, dann wurde Evelyn auch schon hereingebracht. Sie war ziemlich fertig und schlief auch bald ein, ich war so aufgekratzt, daß ich bis drei Uhr morgens nicht schlafen konnte. Um vier brachte uns die Krankenschwester dann endlich unser Strampeltier.
Es ist ein sehr bewegender Moment, wenn man nach neun Monaten endlich kräftige Schreien des neuen Familienmitglieds hört. Obwohl es währen der Schwangerschaft eigentlich keine Anzeichen von ernsten Problemen oder Komplikationen gab, war ich doch irgendwie besorgt, daß vielleicht doch irgendetwas schief gehen könnte. Umso erleichterter war ich, als der Kinderarzt nach seiner Untersuchung sagte, daß wir ein gesundes und kräftiges Mädchen haben.
Jetzt sind wir natürlich gespannt, was die nächsten Wochen, Monate und Jahre so bringen.
Samstag, September 16, 2006
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