Mittwoch, Februar 15, 2006

Die Vorboten der Wahl

Wie ab und zu schonmal erwähnt, arbeite ich hier für die IT-Abteilung, genauer in der Softwareentwicklung des Finanzministeriums. Und da demnächst ein neuer Präsident gewählt wird, besteht die Möglichkeit, daß auch der Finanzminister ausgewechselt wird. Und wie es so üblich ist, wird der sich unter anderem ordentlich beim bisherigen IT-Beauftragten des Finanzministeriums bedanken und den Posten mit seinem Compadre einem Verwandten einer Person seines Vertrauens besetzen. Dieser wiederum wird ähnlich verfahren, so daß bis hinunter auf eine bestimmte Stufe der Hierarchie das große Stühlerücken beginnt.

Nun bin ich natürlich nicht der Erste, dem das auffällt, ausserdem könnte mir das relativ egal sein, weil ich zum unbedeutenden Fußvolk gehöre. Aber diejenigen, die von diesem Bäumchen-wechsel-dich-Spielchen betroffen sind, machen, wie mir gerade ein Kollege erklärte, die Ameise.

Er erklärte das in etwa so: Wenn ein Gewitter aufkommt, verkriechen die Ameisen sich in ihren sicheren Bau. Wenn das Unwetter vorbei ist, kommen sie wieder raus und tun so, als sei nichts gewesen. Wenn durch das Unwetter der Bau verschüttet wird, können sie drinnen eine ganze Weile bequem überleben und sehen, ob sie sich mühsam wieder ins Freie graben oder besser den Bau wechseln.

Sprich, die oberen Chargen verziehen sich gerade auf Posten, die weniger vom Wechsel bedroht sind. Da die attraktiven Posten dennoch besetzt werden müssen, kommen die Leute aus der zweiten Reihe zum Zuge. Die versuchen natürlich sich in der kurzen Zeit, die ihnen bleibt, so gut wie möglich zu profilieren, indem sie beispielsweise versuchen, die komplette Entwicklung outzusourcen. Im Moment macht gerade jeden Tag ein anderes Gerücht die Runde. Das drückt logischerweise etwas auf die Stimmung, aber uns bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten und zu hoffen.

5 Kommentare:

  1. Outsourcen? Also komplett nach Deutschland? ;)

    Läuft sowas bei denen dann auch unter offshore-Entwicklung? ;)

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  2. Es sind gerade zwei Szenarien im Umlauf:
    Softwarefabrik in Argentinien (da wollt' ich schon immer mal hin) oder (wahrscheinlicher) wir benutzen PeopleSoft als Back-End. Dann allerdings ohne mich. Das ändert sich aber gerade stündlich, ist also noch nichts entschieden.

    Falls jemand interesse an einem J2EE-Software-Architekten hat, möge er sich bitte hier melden!

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  3. Das ist der Nachteil, wenn man für die Regierung arbeitet. Mein Schwager hat gerade die gleichen Sorgen.
    Wenigstens bekommen Staatsangestellte ein vernünftiges Gehalt gezahlt (und wissen, dass ihre "Wirkungs-Periode" zeitlich begrenzt ist), so dass sie, wenn sie etwas sparsam gelebt haben, ein nettes Sümmchen auf der hohen Kante haben.

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  4. Na, entweder werden andere Staatsangestellte besser bezahlt, oder meine Kollegen sind genauso naiv wie ich. So richtig vorbereitet scheint hier beim Fußvolk kaum einer zu sein. Einer hat gar letzte Woche ein Departamento gekauft. Er schuldet seiner Bank jetzt die Kleinigkeit von einer halben Million Peso. Und er kuckt im Moment etwas besorgt aus der Wäsche.

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  5. Naja, ich rede von Leuten mit etwas mehr Grips, die nicht gleich alles bis auf den letzten Peso verjubeln, wenn die quincena kommt und womöglich noch unnötigen Krimskrams auf "12 meses sin intereses" kaufen ...
    (Vorsicht; ich spreche nicht von Dir, der Du dieses ungeschriebene Gesetz offenbar nicht kanntest. 'S wird einem auch nix gesagt in diesem Land - erst wenn's zu spät ist kommt das übliche: "..no te lo dijeron?" ...)

    Mal im Ernst: wer sich ein depa für 'ne halbe Mio. leisten kann, verdient nicht schlecht - mindestens $20.000,- im Monat.
    Das ist ein gutes Gehalt in diesem Land; von daher sollte er sich nicht beklagen.

    Sorry für die harten Worte!
    Das hilft Dir jetzt auch nix, aber so ist dat hier mit die Realität. Ich war im Dezember auch kurz davor, auf Jobsuche gehen zu müssen und konnte mich durch Zugeständnisse von beiden Seiten "retten" - es fehlt mir ja auch nur noch ein FM2-refrendo, um endlich "frei" (d.h. inmigrado, der sich seinen Job ungehindert aussuchen kann); danach schau'n 'mer mal...
    Von daher verstehe ich Deine Sorgen sehr gut.

    Trotz allem: warte erst einmal ab, wie sich die ganze Sache entwickelt - besonders in Mexico wird nie so heiß gegessen wie gekocht wurde (auch in kulinarischen Fragen - oder hast Du schon mal in einem Restaurant eine heiße Suppe bekommen?).
    Als Fox an die Macht kam, hat er nur wenige Posten umbesetzt (was ihm ja zum Problem wurde, als seine Reformen nicht griffen, weil alles mit alten PRI-Seilschaften vollsitzt)... - bete also (für Dich), dass Calderón die Wahl gewinnt.
    Da ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass nicht zu viel umgeworfen wird...

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