Mittwoch, September 26, 2007

Hooters

Marc stellt in einem Kommentar ein paar Fragen zu Evelyns Job, ich widme der Antwort hier mal einen eigenen Beitrag.

Vorweg der Disclaimer: Dieser Eintrag basiert auf meinem Wissen, welches ich aus den Gesprächen mit Evelyn gesammelt habe, einen anderen Zugang zu der Firma habe ich auch nicht, die folgenden Fakten können also nur auf die Hooters-Filiale in der Evelyn arbeitet zutreffen oder auch schlicht falsch sein (weil sie z.B. auf Mißverständnissen beruhen), insbesondere werde ich nicht für diesen Eintrag bezahlt.

Hooters ist doch so ein Schnell-Restaurant, oder?

Hooters ist eine amerikanische Restaurantkette, als Fast-Food würde ich das zwar nicht bezeichnen, aber der Laden ist straff durchstandardisiert, das heist, man erhält in jedem Hooters-Restaurant den gleichen Service und das gleiche Essen, welches nach gleichen Standards zubereitet wird.

Zum Service gehört z.B. daß die Bedienung innerhalb von drei Minuten, nachdem der Gast von der Platzanweiserin an den Tisch geleitet wurde sich bei ihm mit Namen vorstellt oder daß die Getränke innerhalb weiterer x Minuten an den Tisch gebracht werden. Und das Ganze wird ständig von anonymen Testkunden überprüft, es hat in seiner Uniformiertheit schon was von einem Schnell-Restaurant, aber das Essen an sich ist eine Spur besser. Die Spezialität des Ladens sind Hähnchenflügel, die gibt es mit unterschiedlichen Soßen von Barbecue bis "So scharf, daß kein vernunftbegabtes Wesen das Zeug essen würde". Das Zeug ist nicht so mein Fall, wenn ich mal da hingehe, nehme ich meist ein Steak, die sind da recht gut.

Das Ambiente wird vom Thema Sport bestimmt, auf den herumstehenden Großbildschirmen laufen ständig Sportkanäle und der Laden ist z.B. bei interesanten Fußballspielen entsprechend voll.

Und die Bedienungen (vornehmlich hübsche, junge Frauen) sind immer sehr! spärlich gekleidet?

Spärlich trifft es nicht ganz, aber die Uniform ist sehr körperbetont. Der Legende nach kommt das daher, daß der Laden ursprünglich von einer Gruppe Chearleader gegründet wurde, die Hooters-Uniform ist also deren Uniform nachempfunden.

Es gibt übrigens eine Altersbeschränkung für die Mädels, es werden keine Damen älter als 27 Jahre eingestellt. Da Evelyn im Juli 28 geworden ist (sie hatte kurz vorher ihre Bewerbung abgegeben um die Frist zu wahren), darf sie zwar jetzt weiterarbeiten, so lange sie in die Uniform passt, sollte sie aber wieder kündigen, könnte sie später nicht mehr in den Laden zurück. Daß die Mädels vornehmlich hübsch sind, liegt einfach daran, daß sie nach diesem Kriterium ausgesucht werden. Und natürlich an der Schminke, es ist mir schon passiert, daß wir privat Kolleginnen von Evelyn getroffen haben, die ich ungeschminkt nicht erkannt habe. (Nein, das liegt nicht daran, daß ich im Restaurant zu sehr auf die Uniform geachtet habe!)

Vernachlässigt eine der Dame ihre Figur, wird sie auch ganz klar vom Scheff darauf hingewiesen und im schlimmsten Fall in den Souvenir-Shop versetzt. Der ist wegen der ungünstigeren Arbeitszeiten und mangels Trinkgelder eher unbeliebt.

Mir kamen die Frauen die dort arbeiten (war aber noch nie persönlich dort, kenne es nur von der Werbung) sehr oberflächlich vor.

Das ist, zumindest im Ansatz, Teil der Firmenphilosofie. Es soll eine lockere Atmosphäre herrschen, alles toll, Friede, Freude, Eierkuchen. Und wenn die Mädels oberflächlich sind, sind sie austauschbar.

Die Mädels versuchen natürlich auch, recht locker und freundlich zur vorwiegend männlichen Kundschaft zu sein, das erhöht die Chance auf ein gutes Trinkgeld, allerdings ohne falsche Hoffnungen zu wecken, trotz der knappen Uniform sind sie nichts anderes als Bedienungen, ganz selten hat da mal ein Gast Probleme damit, das zu verstehen. Übrigens darf eine Bedienung es jederzeit ablehnen, einen Tisch zu bedienen. Evelyn gegenüber hat mal so ein Hohlkopf gleich bei der Bestellung eine blöde Bemerkung über ihre Beine gemacht, er dachte darüber nach, ob er sich Alitas, also die berühmten Flügel bestellen soll, dann starrte er ihre Beine an und meine o mejor piernitas (oder besser Schenkel). Sie lies ihn stehen, ging zum Scheff und der hat ab da den Tisch bedient. Es ist also nicht überall ein Zeichen der Wertschätzung, wenn man vom Scheff persönlich bedient wird.

A propos Trinkgeld, das macht (wie in eigentlich allen mexikanischen Restaurants) den Löwenanteil des Einkommens der Bedienungen aus, Evelyn kommt im Schnitt etwa auf das Doppelte ihres (kümmerlichen) Gehalts. Das Hooters-System hat eine Besonderheit, man geht davon aus, daß die Bedienung im Schnitt 10% Trinkgeld bekommt, davon muß sie ein Drittel in eine Kasse bezahlen, die nach Schichtende unter den Leuten in der Küche und den Platzanweiserinnen aufgeteilt wird. Als Berechnungsgrundlage dient der Umsatz der Bedienung, wenn ihr also jemand nur 3% gibt, bleibt ihr nix, bekommt sie kein Trinkgeld, zahlt sie sogar drauf. Und den Kunden ans Trinkgeld zu erinnern, ist ein Kündigungsgrund. Eine Kollegin hat mal einen Kunden, der kein Trinkgeld auf dem Tisch liegen hat lassen gefragt, ob der Service denn so schlecht war. Dummerweise war das einer der anonymen Testkunden. Und ihr letzter Kunde.

So, ich hoffe, daß ich ein paar Zweifel beseitigen konnte, wenn weitere Fragen bestehen, meldet Euch einfach in den Kommentaren.

3 Kommentare:

  1. Kleine Ergaenzung von Wikipedia:

    Female employees are required to sign that they "acknowledge and affirm" the following:

    1. My job duties require I wear the designated Hooters Girl uniform.
    2. My job duties require that I interact with and entertain the customers.
    3. The Hooters concept is based on female sex appeal and the work environment is one in which joking and sexual innuendo based on female sex appeal is commonplace.
    4. I do not find my job duties, uniform requirements, or work environment to be offensive, intimidating, hostile, or unwelcome.

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  2. Die Rollschuhe, natürlich! Wie konnte ich die vergessen?
    Ich gebe zu, ich bin ja irgendwie faszinierd, von solchen Franchise-Ketten.
    Die sind ja meistens doch so stark durchorganisiert, dass so gut wie nichts passieren kann.
    Siehe auch McDonalds oder Burger King.
    Danke Dir für die Aufklärung, Andreas.

    Und der Marc von unten bin ich leider nicht. Habe auch keinen Blog.
    Habe mir aber mal überlegt einen anzulegen, und bin so auch durch "Blog-hopping" (sagt man das?) auf deine Seite gekommen.
    Und dann genauer gelesen.

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  3. coole und (ich finde) objektive Erklaerung mit einigen Internas (Bezug zum jeffe) - muchas gracias!
    Werde das ganze subjektiv selbst mal in Augenschein nehmen, sobald wir ein wenig Zeit finden. Stehe ja auch eher auf Beinchen als auf Fluegel ;-)
    Gruesse, Michael

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